Die Diskussion um das Recht auf Abtreibung ist kontrovers und wird von extremen und starken Meinungen dominiert. Eine eindeutige Antwort bzw. ein Kompromiss, auf die sich die Gesellschaft einigen könnte, scheint zu fehlen.
Häufig sind die Diskussionen um dieses Thema außerdem sehr emotional aufgeladen, da es sich bei der Abtreibung um den „Mord“ eines Fötus handeln würde, um das Nehmen eines Lebens. Mit dieser Formulierung verbreiten diejenigen, die gegen das Recht auf Abtreibung sind, ihre Agenda und nennen diese Bewegung „Pro-Life“ (Übersetzung: „Für-Leben“). Sie stehen in den meisten Fällen für ein radikales Verbot von Abtreibung, ohne jegliche Ausnahme oder Interesse an einem Kompromiss.

Bei der Annahme der „Pro-Life“ Bewegung, dass Abtreibung mit dem Mord eines Menschen gleichgesetzt ist, scheint es, als wäre es äußerst verwerflich, für das Recht auf Abtreibung einzustehen und dafür zu kämpfen. Trotzdem gibt es eine große Menge an Menschen, die sich gegen das radikale Verbot der „Pro-Life“ Bewegung stellen. Diese Gegenbewegung nennt sich „Pro-Choice“.

Die „Pro-Choice“ Bewegung steht für das Recht auf Abtreibung. Der Name „Pro-Choice“ (Übersetzung: „Für-Wahl“) hat den Ursprung von der Idee, dass es nicht unbedingt um ein Recht auf Abtreibung geht, sondern grundsätzlich um die Ermöglichung der Entscheidung von schwangeren Frauen, ob sie ein Baby austragen und erziehen möchten oder aus verschiedensten Gründen den Fötus möglicherweise abtreiben möchten. Im Vordergrund dieser Bewegung steht also die freie Wahl der betroffenen Frau und nicht der ungeborene Fötus.

Um diese Argumentation führen zu können muss man erstmal die Frage klären, wann menschliches Leben beginnt.
Hinter dem Argument, Abtreibung sei „Mord“, steht die Annahme, dass menschliches Leben mit der Befruchtung beginne. Der Philosoph Reinhard Löw teilt die Meinung, dass menschliches Leben mit der Befruchtung anfange und begründet diese These mit der biologischen Zugehörigkeit der Gattung des Menschen. Die Befruchtung der Eizelle sei die Kreation eines Menschen. Aufgrund dessen müsste diesem ein Recht auf Leben zustehen, sonst hätte der „Mensch“ bzw. Fötus weniger Rechte als ein „erwachsener Schäferhund“.

Bei dieser These wurde jedoch ausgelassen, was einen Mensch überhaupt erst menschlich macht.
Als „typisch“ menschliche Eigenschaften werden vor allem die hohe Intelligenz bzw. die Ausbildung des Gehirns, Emotionen sowie die Empfindungsfähigkeit als auch differenziertes, komplexes Denken im Vergleich zu anderen Lebewesen auf der Erde gewertet. Wenn man nun die biologische Entwicklung eines Fötus betrachtet, besitzt der Fötus bis zur 18. Woche kaum diese Fähigkeiten. Erst ab der 18. Woche ist das Gehirn vollständig ausgebildet und der Fötus beginnt, die Umgebung zu empfinden. Erst ab diesen Zeitpunkt könnte ich die Diskussion über die Menschlichkeit des Fötus und ggf. dessen Menschenrechte verstehen.

Was jedoch Mitglieder der „Pro-Life“ Bewegung zu vergessen scheinen ist, dass die schwangere, betroffene Frau selber ein Mensch ist und unter dem Schutz der Menschenrechte steht. Bei ihr steht auch keine Diskussion offen, ob es sich bei Ihr um einen Menschen mit allen Rechten handeln würde, denn das wäre einfach nur frauenfeindlich. Somit besitzt die Frau ihr Recht auf Selbstbestimmung als auch das Recht auf Unversehrtheit. Nun könnte man also annehmen, dass das Recht auf Leben des Fötus und das Recht der Selbstbestimmung sowie das Recht auf Unversehrtheit der Frau im Fall einer möglichen Abtreibung natürlicherweise in Konflikt stehen. Das würde ich jedoch bestreiten. Denn ich finde es moralisch nicht vertretbar, einen vollständig ausgebildeten Menschen mit einem Fötus gleichzusetzen, welcher erst am Anfang der Entwicklung steht und dem viele Grundfähigkeiten noch fehlen, der nicht einmal geboren worden ist. Ich persönlich empfinde es sogar als frauenfeindlich, weil der Frau bei dem Verbot einer Abtreibung ihre Menschenrechte verwehrt werden. Vor allem wenn die Frau aufgrund von etwa psychischen oder physischen Problemen extrem unter der Schwangerschaft und kommenden Elternschaft leiden würde oder eine ungewollte Schwangerschaft aufgrund einer Vergewaltigung besteht.Ihnen in diesen eine Abtreibung zu verwehren, ist moralisch meiner Meinung nach einfach nicht vertretbar.

Auffällig ist, dass die Gruppen, die nach diesem Verbot schreien, tendieren generell in vielen anderen Bereichen zu frauenfeindlichen Ansichten neigen und sehr traditionelle Wertemuster vertreten. Ein Beispiel für ihr egoistisches Denken ist die Ignoranz gegenüber der Realität, dass ein ungewollt geborenes Kind möglicherweise aufgrund der fehlenden Elternliebe ein schwieriges Leben führt. Auch Adoption ist dafür nicht in jedem Fall uneingeschränkt eine gute Lösung.
Außerdem werden betroffene Frauen, trotz des Verbots, einen Weg suchen, den Fötus auf illegale Weise abzutreiben. Das ist jedoch meistens viel unsicherer und das Sterberisiko bei den illegalen Methoden ist nicht gerade gering. Trotzdem sind vielen Frauen bereit, dieses Risiko für die ihre persönliche Entscheidung einzugehen.

Diese Punkte zeigen nochmal, dass es der „Pro-Life“ Bewegung nicht unbedingt um das Wohlsein des Fötus oder der betroffenen Frau geht, sondern nur um ihre eigenen Wertvorstellungen.

Zusammenfassend ist meiner Ansicht nach das Recht auf Abtreibung moralisch gegeben und man könnte sogar so weit gehen und behaupten, dass das Verbot auf Abtreibung moralisch verwerflich ist – sowohl aufgrund der Folgen, als auch wegen des frauenfeindlichen Ansatzes durch die Aufhebung der Menschenrechte der betroffenen Frauen zur Erhaltung eines unausgebildeten Fötus.
Ein Kompromiss, das Recht der Abtreibung auf einen bestimmten Zeitraum, wie z.B. bis zur 18. Woche, zu begrenzen, wo der Fötus biologisch bewiesen ein vollständig ausgebildetes Gehirn als auch die Empfindungsfähigkeit aufweist, könnte man moralisch noch vertreten, wenn aber auch Ausnahmen bei extremen Fällen gemacht werden würden, z.B. bei einem hohen gesundheitlichen Risiko oder einer ungewollten Schwangerschaft durch Vergewaltigung.

Artikel von Katharina, Q2

Es handelt sich hierbei um einen Meinungsartikel, der auch zu Diskussionen anregen soll. Derartige Artikel spiegeln nicht automatisch die Meinung der Redaktion wider.