Vor ein paar Wochen ist ein Artikel zum Thema Auslandsjahr erschienen. Dafür ist ein Interview mit Max aus der EF geführt worden, das ihr hier nachlesen könnt, um einen noch besseren Einblick in das Thema zu bekommen:
Wo warst du und für wie lange warst du da?
Ich war in Canterbury in England, das ist eine Stunde von London entfernt. Für 2 Monate war ich da in einer Gastfamilie und bin dort zur Schule gegangen.
Was hat dich auf die Idee gebracht, ein Auslandsjahr zu machen?
Auf die Idee hat mich teilweise der Englischunterricht gebracht, weil man darüber in der 10. Klasse redet und auch, weil meine Schwestern das gemacht haben. Ich habe Erzälungen von denen gehört, wo ich dann dachte, ich will es einfach unbedingt machen.
Wie haben deine Eltern darauf reagiert?
Meine Eltern fanden es sehr cool, dass ich das machen wollte, weil die einfach sagen, dass es eine Chance ist. Ich bin nur einmal in der EF, wo ich das machen kann.
Wie war deine Gastfamilie aufgebaut?
Ich hatte eine Gastmutter und eigentlich habe ich nur bei ihr gewohnt. Ich hatte auch noch einen Gastvater, der hat aber wo anders gearbeitet, sodass er nur am Wochenende da war. Die waren so 63 Jahre alt, also ein bisschen älter.
Wie ist es, in einem anderen Land zu leben?
Es ist verwirrend, aber auch gleichzeitig sehr cool, aufregend und interessant. Weil es ist ein anderes Land und eine andere Sprache, aber trotzdem so ähnlich zu Deutschland. Man kann es auf jeden Fall weiterempfehlen, es ist sehr cool.
Hast du dort schnell Freunde gefunden?
Ja, viele Freunde. Es hat eine Zeit gebraucht, bis ich Freunde gefunden habe, aber nach ein paar Wochen. Fünf englische Freunde habe ich jetzt gefunden, mit denen ich auch immer noch Kontakt habe.
Wie war dein Alltag, bzw. war er anders als hier?
Eigentlich war er ähnlich wie hier. Ich bin morgens aufgestanden, bin zur Schule gefahren, kam dann Nachmittags um fünf Uhr aus der Schule wieder.
Also hattest du länger Schule?
Ja, dafür hat es aber auch erst um fünf vor neun Uhr angefangen. Dann hab ich Hausaufgaben gemacht und mich dann mit Freunden getroffen, und bin dann wieder ins Bett gegangen.
Wie ist die Schule, musstest du z.B. Uniform tragen oder so etwas?
Ich glaube, normalerweise muss man in der Schule Uniformen tragen. Meine Schule hat das so gemacht, dass ich nur freitags Uniformen tragen musste. Von Montag bis Donnerstag konnte ich in meinen Klamotten zur Schule gehen, und freitags musste ich dann keine Uniform, sondern einen Anzug tragen. Also trotzdem noch meinen eigenen Anzug. Alle haben Anzüge getragen und die Mädchen haben Röcke getragen oder auch Anzüge.
Wie ist es lange von Freuden und der Familie weg zu sein?
Es ist sehr gewöhnungsbedürftigend sag ich mal so. Es ist…ich weiß gar nicht wie man es beschreiben soll. Auf der einen Seite sehr cool, weil man sich nur um sich selber kümmern muss, man muss nur gucken, dass man selber klarkommt. Man muss auf niemanden Rücksicht nehmen, quasi. Wenn man mal einen schlechten Tag hatte oder so, dann hast du nicht das Zuhause, was dich aufbaut. Ganz am Anfang war es ein bisschen anstrengend und blöd, weil ich in der Schule noch keine Freunde hatte, und dann war ich da alleine. Dann würde ich hier in Deutschland dann nach Hause kommen und dann hätte ich mein Zimmer, meinen Hund, mit dem ich was machen könnte. Und da ging das dann eben nicht. Also es ist dann auch komisch, auch in der Familie von den Personen her, weil ich konnte zwar mit all meinen Problemen zu meinen Gasteltern gehen, aber es ist halt einfach nicht das gleiche.
Hattest du also viel Heimweh oder ging das voll?
Das ging eigentlich. Ich hatte so gut wie gar kein Heimweh. Ich hatte es vielleicht ein, zwei Tage, wo ich dann auf Instagram z.B. Storys von meinen Freuden gesehen habe, von Partys und ich mir dachte `da wäre ich jetzt auch gerne dabei`. Oder wenn hier in der Schule was cooles passiert ist, wenn die einen Auslfug gemacht haben, da wäre ich auch schon gerne dabei. Aber ansonsten nicht wirklich.
Bist du mit der Sprache gut klargekommen?
Ja, definitiv. Bei mir war es sowieso schon immer so, dass ich in Englisch nie schlecht gewesen bin. Am Anfang war es auch wieder eine Herausforderung, dann alles auf Englisch zu organisieren. Zugtickets zu organisieren oder Bustickets, oder auch einfach in einem coffee shop einen Kaffee zu bestellen. Das war sehr hart am Anfang, weil man einfach konfrontiert wurde. Du warst aufgeregt, du dachtest, du darfst jetzt eigentlich keine Fehler machen, du willst nicht, dass du “auffliegst”, dass du gar kein Muttersprachler bist. Mit der Zeit hat man auch dann sein Selbstbewusstsein gefunden. Dadurch ist man dann auch besser in der Sprache geworden, du hast nicht dieses “Fachenglisch”, was du in Deutschland in der Schule lernst, sondern du hast Umgangssprache gelernt. Du hast Begriffe gelernt wie “Willst du mich jetzt verarschen?” oder z.B. auch Beleidigungen
Bist du auch mit dem Akzent gut klargekommen?
Definitiv. Man sagt immer, dass der britische Akzent sehr hart zu verstehen ist, aber das war gar nicht so krass. In der Schule hat man das schon gemerkt, dass die Lehrer vor allem britischen Akzent gesprochen haben. Wenn du was nicht verstanden hast, hast du gefragt “Kannst du es bitte nochmal wiederholen?”, das war alles kein Problem.
Gab es Traditionen oder Angewohnheiten, die du komisch fandest oder an die du dich gewöhnen musstest?
Ich musste mich erstmal daran gewöhnen, dass es mittags nicht so ein richtiges Mittagessen gab. Ich habe in die Schule ein Lunch Paket mitbekommen, mit einem Sandwich oder so, was ich hier eigentlich auch habe oder ich kaufe mir hier einen Döner, dann hab ich mir da zum Beispiel auch einen Döner gekauft. Aber am Wochenende gab es auch nichts Richtiges zum Mittag, sondern dann nur ein Butterbrot oder sowas, und dann noch so ein kleines Teil, nicht so ein normales Brötchen. Die haben da allgemein keine Brötchen, sondern nur was kleines, wovon du nicht satt wirst. Dafür gab es dann abends umso größere Portionen. Aber eine Angewohnheit, oder eine Tradition, die man auf jeden Fall vermisst hat, waren Brötchen oder richtiges Brot. Nicht Toastbrot oder Weißbrot, sondern Schwarzbrot. Das klingt jetzt so richtig Deutsch, aber so ein schönes Schwarzbrot.
Kann ich mir aber gut vorstellen, wenn man so lange nur Weißbrot essen muss.
Du hattest ja nur eine Stunde Zeitumstellung, oder?
Ja, das war kein Problem.
Glaubst du, dass man als Person irgendwelche Eigenschaften mitbringen sollte, wenn man ins Ausland gehen möchte?
Ich glaube du solltest auf jeden Fall den Willen dafür haben. Also nicht nur, dass deine Eltern das gerne möchten oder so, sondern, dass du da hingehen möchtest. Ich glaube, dass die Erwartungshaltung auch nicht so hoch sein darf, weil ich hatte keine hohen Erwartungshaltungen und deswegen war es sehr positiv für mich. Ich glaube aber, wenn du eine krass hohe Erwartungshaltung hast, dass das dann nicht cool wird. Mann muss noch nicht mal selbstbewusst oder sowas sein, um nach England zu gehen. Klar, du brauchst natürlich schon so einen gewissen Mut, um von deiner Familie wegzugehen. Aber ich muss sagen, ich habe auch sehr viel Selbstbewusstsein dazu bekommen durch England, durch den Aufenthalt. Ich glaube, dass jeder es machen kann, wenn er oder sie es halt nur möchte. Auch noch ein Punkt ist, dass ich glaube, man muss jetzt nicht schlau sein oder so, aber schon ganz gut in der Schule sein, damit man den Stoff wieder aufholt.
Glaubst du, man kann es auch machen, wenn man eher introvertierter ist?
Ja, da gab es auch ein anderes deutsches Mädchen, was introvertiert war, die hatte schon Schwierigkeiten, Freunde zu finden. Sie hatte erst nach zwei Monaten, wo ich dann gegangen bin, Freude gefunden. Das war sehr schwierig für sie, das weiß ich noch. Aber es ist möglich, ich hatte mit ihr neulich geschrieben und sie hat mir erzählt, dass sie jetzt Freunde gefunden hat und am Wochenende auch in London war, also es ist möglich. Ich glaube das Wichtigste ist, wie ich gesagt habe, einfach nur der Wille, dass der da ist.
War das nach Hause kommen bzw. sich hier wieder einzuleben schwierig?
Das war sehr schwierig, ja. Weil du hast da in England deine eigene Routine und auch eine andere Routine. Die halt nur, wie ich vorhin schon gesagt habe, auf dich angepasst ist. Klar du musst gucken, dass du mit deinen Gasteltern klarkommst, aber am Ende isst du mit denen Abend oder Mittag, wenn du mittags da bist, habe ich mit denen aber auch nicht so richtig etwas gemacht. Und dann wieder in das Familienleben reinzukommen, sei es nur, dann mal mit dem Hund rauszugehen oder wenn man irgendetwas putzen muss oder sowas, oder allgemein einfach, dass wieder mehr als zwei Personen im Haus leben. Ich habe unter der Woche nur mit meiner Gastmutter dort gelebt. Das war glaub ich das Schwerste. Auf der anderen Seite, war es auch sehr cool wieder zu Hause zu sein, einfach das Gefühl wieder da zu sein, wo man sich wohlfühlt.
Bist du hier in der Schule wieder gut klargekommen oder war das schwierig?
Es geht. Ich musste jetzt selber gucken, wie ich das alles wieder einhole, auch wenn es jetzt nur zwei Monate waren zum Glück, ist das trotzdem eine Last. Jetzt schreibe ich auch wieder Klausuren, aber es ist ok, es ist machbar. Ich glaube die EF ist nicht das wichtigste Schuljahr, und Leute, die sagen „ich gehe wegen der Schule nicht ins Ausland“…ich glaube, das ist in dem Moment nicht wichtig. Wichtig ist in dem Moment, dass man Erfahrungen sammeln möchte.
Also du bist Anfang des Schuljahres gegangen und bist jetzt wieder in die EF eingestiegen?
Ja, genau. Also ich war hier noch zwei Wochen an der Schule, weil unsere Sommerferien dieses Jahr so früh waren. Im Prinzip war ich das ganze erste Quartal nicht da. Wenn ich jetzt darüber nachdenke, finde ich das viel besser, als wenn ich jetzt das ganze erste Quartal hier gewesen wäre, nur, um gute Noten zu haben. Mir ist bewusst, dass mein Zeugnis jetzt ein bisschen schlechter ausfallen wird als sonst.
Hast du dich verändert oder weiterentwickelt?
Ja. Das Selbstbewusstsein auf jeden Fall und auch, dass ich eigenständig handeln kann. Also, dass wenn ich ein Problem habe, dass ich dann selber Leute auf das Problem anspreche.
Würdest du es wieder machen?
Ja, definitiv. Es war die Erfahrung wert und ich würde es jedem weiterempfehlen. Man kann es nicht mal ansatzweise beschreiben, es sind so viele Emotionen auf einmal. Man fühlt sich dann auch richtig toll, wenn man ausländische Freunde gefunden hat, auf einer anderen Sprache. Auf einer anderen Sprache Freunde zu finden ist glaube ich so schwer, und du fühlst dich einfach nur gut danach.
Ok, das waren alle meine Fragen. Danke, dass du dir die Zeit genommen hast!