Im Philosophieunterricht haben wir uns im vergangenen Schuljahr mit Anthropologie beschäftigt. Die Grundfrage der Anthropologie lautet: Was ist der Mensch?
Um den Menschen zu definieren, müssen zunächst die nächsthöhere Gattung über ihm und dann seine artbildenden Merkmale bestimmt werden. Der Mensch ist ein Tier, genauer gesagt ein Menschenaffe. Die übergeordnete Gattung ist also bekannt. Nun geht es in der Anthropologie vorwiegend um die Suche nach der „Anthropologischen Differenz“. Das bedeutet, es geht darum, das zu finden, was uns Menschen von anderen Tieren unterscheidet.
Es gibt verschiedene Überlegungen dazu, welches Merkmal den Menschen einzigartig machen könnte: Ist es der Einsatz von Werkzeugen, Sprache, Denkvermögen, die Fähigkeit zu täuschen, die Fähigkeit zu moralischem Handeln…? Auf den ersten Blick kann es so wirken, als gäbe es viele einzigartige Eigenschaften des Menschen. Doch genauere Untersuchungen zeigen, dass Tiere immer in gewisser Weise und Ausprägung auch über die Fähigkeiten verfügen, die Menschen als Alleinstellungsmerkmal beanspruchen wollen. Letztendlich lässt sich bis heute keine bestimmte Fähigkeit finden, die uns einzigartig macht.
Es gibt eine andere Herangehensweise, der zufolge der Unterschied zwischen Menschen und anderen Tieren nicht über eine Fähigkeit, sondern über die Zusammensetzung und den Grad, also die Ausprägung, verschiedener Fähigkeiten definiert wird. Beispielsweise macht uns nicht der Fakt, dass wir uns mit Sprache verständigen, oder die Tatsache, dass wir moralische und symbolische Wesen sind, zu Menschen, sondern die Komplexität und Vielfalt unserer Sprachen kombiniert mit unseren moralischen Vorstellungen und dem symbolischen Denken, das sich in unserer Kultur widerspiegelt. Ob ein gradueller Unterschied aber als Alleinstellungsmerkmal ausreicht, beziehungsweise ob der Unterschied zwischen Menschen und anderen Tieren groß genug ist, ist nicht eindeutig.
Manche Philosoph*innen zweifeln die Existenz der Anthropologischen Differenz an und verurteilen die Art, wie Menschen sich über andere Tiere erheben und sich selbst zu höherrangigen Wesen erklären. Sie halten den Wunsch des Menschen, sich abzugrenzen und etwas Besonderes zu sein, für arrogant und stolz. Wenn es gar kein Merkmal gäbe, das uns endgültig von anderen Tierarten abgrenzt, müssten wir sowohl unser Selbstverständnis, als auch unseren Umgang mit unserer Umwelt hinterfragen (was wir eigentlich sowieso tun sollten).
Die Frage, was der Mensch ist, ist aus anthropologischer Sicht nicht abschließend beantwortbar. Es kann keine eindeutige Anthropologische Differenz gefunden werden, weder eine graduelle, noch eine qualitative, was heißt, dass der konkrete Unterschied zwischen uns und anderen Tieren und ob es ihn überhaupt gibt, ungewiss bleibt.
Artikel von Johanna, Q1